Kurz vorweg: Ich habe meinen Master mit dem Anwendungsfach BWL begonnen (gibt es jetzt auch nicht mehr; anstelle tritt "Wirtschaft und Recht") und habe letztes Semester zu IT-Management gewechselt, weil es eine bessere Mischung an Vorlesungen hatte. Nun habe ich vor, nach dem Übergangsstudienplan 2004/2012 fertigzustudieren und werde mich im Folgenden auf eben jenen beziehen. Einige Dinge sind aber sicherlich ohne Probleme auf den neuen Plan übertragbar.
Zunächst mal möchte ich zu bedenken geben, dass man als Informatik-Masterstudent im Grunde (und eher theoretisch) 3 Semester Zeit hat, alle Vorlesungen zuendezuhören, bevor man die Masterarbeit beginnt, wenn man in der Regelstudienzeit fertig werden will. Ich halte das an sich für einen ungeeignet kurzen Zeitraum für ein Studium, das man der Inhalte wegen studiert. Aber das mag jedem selbst überlassen sein. Man sollte dennoch im Hinterkopf behalten, dass das "so gedacht" ist.
Gliederung
Das Anwendungsfach teilt sich in einen "Pflichtbereich", den Bereich "Wirtschaft und Recht" und "Wirtschaftsinformatik".
Der Pflichtbereich ist nicht der Rede Wert und besteht aus einer "Einführung in die BWL". Was der Unterschied zum früheren "Grundlagen der BWL I" ist, erschließt sich mir zunächst mal nicht. Im Übergangsstudienplan lässt sich jedoch das Eine durch das Andere ersetzen, sodass der Pflichtbereich in Wahrheit eher ein Wahlpflichtbereich ist, bestehend aus einer der Einführungen in die BWL.
Im Wahlpflichtbereich Wirtschaft und Recht hat man eine Reihe von Modulen, deren Namen so nicht im Vorlesungsverzeichnis auftauchen. Das halte ich generell für eher verwirrend. In der Regel bestehen die Module aus jeweils einer Vorlesung im Sommer- und einer im Wintersemester. Ich gehe davon aus, dass diese zusammen geprüft werden müssen, weiß es aber nicht genau. Fest steht jedenfalls, dass man wohl beide Veranstaltungen besucht haben muss, um die Credits fürs Anwendungsfach zu bekommen.
Soweit ich das überblicke, sind im neuen Studienplan für 2012 die Rechtsvorlesungen in Modulen "Wirtschaftsrechtliche Governance im Kontext von Informationstechnologie" und Modul oder Vorlesung "Rechtsfragen der digitalen Welt" untergebracht (bei letzterem ist mir etwas unklar, ob es sich wie dei dem meisten anderen auch um zwei Vorlesungen handelt, aber ich gehe davon aus, da zwei Professoren aufgeführt sind). Außerdem gibt es die Vorlesung "Praxis des Softwarerechts" im Wirtschaftsinformatikteil.
Der Bereich Wirtschaftsinformatik enthält eine überschaubare Anzahl an Modulen aus der Wirtschaftsinformatik. Die Organisation in Zweierpacks ähnelt dem Bereich Wirtschaft und Recht.
Notation
Die Verteilung der Module ist z. B. durch SS+WS angegeben, wenn es sich um eine Veranstaltung im Sommer und eine im Winter handelt. Was der Unterschied zu SS/WS ist, erschließt sich mir nicht. Genauso wenig der Unterschied zwischen Modulen, die die Bezeichnung "Name und Name" oder "Name / Name" haben. Einige Module haben auch "besondere" Namen, etwa das Modul "Corporate Governance & Strategisches Management", das (Google ist dein Freund) aus folgenden Veranstaltungen besteht:
Aha.Das Modul „Corporate Governance & Strategisches Management“ (6 CP) umfasst die beiden Veranstaltungen- Teil I: „Corporate Governance & Compliance“ (3 CP) und- Teil II: „Corporate Governance & Kooperationen“ (3 CP)
Eine Anmerkung noch: Unter den Wahlpflichtbereichen sind CP-Grenzen aufgeführt.
Prüfungen
Auf der Seite der Veranstalter von "Corporate Governance & Strategisches Management" ist auch zu lesen:
Das heißt, dieses Modul wird in Einzelprüfungen geprüft. Ich würde mich allerdings nicht darauf verlassen, dass das generell der Fall ist. So gibt es im Übergangsstudienplan das Modul "Grundzüge der Wirtschaftsinformatik / Geschäftsprozesse- und Unternehmensmodellierung", das zwar Einzelprüfungen für die Wirtschaftsinformatiker hat, für Informatikstudenten im Anwendungsfach allerdings als Modulprüfung im Sommer abzulegen ist.Die Prüfung des Moduls „Corporate Governance & Strategisches Management“ umfasst die Teilprüfungen „Corporate Governance & Compliance“ (Jun.-Prof. Dr. Janine Oelkers – Teil I) sowie „Corporate Governance & Kooperationen“ (Jun.-Prof. Dr. Alexander Bode – Teil II).Teil I wird im Sommersemester gelesen und geprüft – Teil II wird im Wintersemester gelesen und geprüft.
Inhalte
Im Wirtschaftsteil zeigt sich eine Schwäche, die meines Erachtens bereits im Anwendungsdach BWL evident war: Viele Inhalte decken sich. Jede der Veranstaltungen mag ihre Berechtigung haben, jedoch halte ich die Nützlichkeit in einem Anwendungsfach über 30 CP für fragwürdig.
Man schaue sich beispielsweise die Veranstaltungen "Bilanzierung und Finanzierung", "Financial Accounting", "Finanz- und Betriebsbuchführung" und "Wirtschaftsprüfung" an. Wenn man damit durch ist, kann man bestimmt direkt als Buchhalter irgendwo anfangen, aber ein interessantes Anwendungsfach hat man damit nicht studiert. Auf der guten Seite: Es handelt sich hier um einen Wahlpflichtbereich, sodass man nicht darauf angewiesen ist, all diese Veranstaltungen zu besuchen. Aber es zeigt sich, dass die Auswahl nicht so bahnbrechend ist, wie sie anhand der Dokumentlänge aussieht.
Bei der Wirtschaftsinformatik wäre ich besonders vorsichtig. Die Inhalte hier halte ich Informatik-Masterstudenten für grenzwertig. Man sollte nicht vergessen, dass diese oft mit Wirtschaftsinformatik-Erstsemestern gehört werden oder Informatikthemen auf einem sehr oberflächlichen Niveau behandeln.
Ich kann hier keine Auskunft zu allen Veranstaltungen geben, möchte aber anekdotenhaft aus der Pflichtliteratur zu "Grundzüge der Wirtschaftsinformatik" zitieren, das als Ersatz für die weggefallene Veranstaltung "E-Business" im Übergangsstudienplan angeboten wurde zitieren:
Das ist sicherlich keine Darstellung des Gesamtniveaus der Veranstaltung. Das war allerdings auch nicht allzu hochtrabend.Martens et al. - Grundzüge der Wirtschaftsinformatik (9. Edition) hat geschrieben:Das wichtigste Gerät zur Dateneingabe neben der Tastatur ist die Maus. Hierbei handelt es sich um ein etwa faustgroßes Eingabegerät, das auf dem Tisch mit der Hand bewegbar ist.
Hier möchte ich nochmal auf die Organisation in Module hinweisen: Thematisch kann das nur einen Nachteil darstellen. Dadurch, dass man eine Veranstaltung wählt, wird man auch auf die andere festgenagelt.
Fazit
Ich halte IT-Management im aktuellen Zustand für ein sehr mittelmäßiges Anwendungsfach. Die Gründe sind:
- Durch die Organisation in Module ist man thematisch unflexibel, weil man mit einer Vorlesung gleich eine andere "kauft".
- Mit Abstand die meisten Module sind über zwei Semester verteilt.
- Die Organisation der Module macht Studieren undurchsichtig, weil nicht klar ist, welche Veranstaltungen und Modalitäten sich hinter dem Modul verbergen.
- Insbesondere betrifft das Unklarheit der Prüfungssitation, insbesondere den Prüfungszeitpunkt. Sollte es Veranstaltungen geben, die als Modul nur im Sommer oder nur im Winter geprüft werden, wäre das die schlimmste Variante.
- Viele Veranstaltungen aus dem Gebiet "Wirtschaft und Recht" behandeln (Finanz)Buchhaltung im weiteren Sinne.
- Rechtsveranstaltungen sind wenige und oft im Modul.
- Inhalte des Bereichs Wirtschaftsinformatik sind für Informatiker im Masterstudium potenziell nicht ausreichend niveauvoll.
Nicht zuletzt halte ich IT-Management insgesamt für ein schlechteres Wirtschaft und Recht. Die Ähnlichkeiten der Studienpläne sind frappierend. Bei WuR fällt zwar der Wirtschaftsinformatikteil weg, das ist meines Erachtens allerdings kein großer Verlust, wie ich oben bereits dargelegt habe. Anstelle dessen tritt mehr Flexibilität in der Auswahl einzelner Nicht-Modul-Vorlesungen, mehr Auswahl in der Wirtschaft, mehr Auswahl im Recht. Meine Meinung: Da kann es nur Gewinner geben. Warum die beiden Anwendungsfächer im Rahmen der Überarbeitung für dieses Semester nicht gleich zusammengelegt wurden, wird für immer ein Rätsel bleiben.
Allgemein sollte noch gesagt werden, dass beide Fächer einen enormen Studieraufwand mit sich bringen. Diese Information ist nicht neu, sollte bei einem solchen Review wie hier aber nicht ausgelassen werden. Im Schnitt kriegt man bei IT-Management und WuR 3 CP pro Vorlesung. Das sind 10 Veranstaltungen und potenziell 10 Prüfungen bis zum Abschluss. Als Vergleich, ein kompletter Prüfungsplan des Anwendungsfachs "Optimierung":
- Einführung in die Optimierung (10 CP)
- Diskrete Optimierung (10 CP)
- Nichtlineare Optimierung (10 CP)
Meine Wahl
Hier nochmal der Vollständigkeit halber, mein aktueller Studienplan. Darüberhinaus führe ich am Ende noch eine interessante Studienplanrechnung vor, die sicherlich auch allgemein nicht uninteressant ist.
Ich habe aus BWL in IT-Management gewechselt und habe bereits die Veranstaltungen
- Grundlagen der BWL I
- Grundlagen der BWL II
- Buchführung
- Kosten- und Leistungsrechnung
- Cyberlaw I
- Grundzüge der Wirtschaftsinformatik (als Ersatz für E-Business)
Zur Vervollständigung des Moduls "BWL und Cyberlaw" (9 CP) und Grundzüge der Wirtschaftsinformatik (7 CP) kommen dieses Semester
- Cyberlaw II (Update: Das ist wohl nicht nötig, weil "BWL und Cyberlaw" kein Modul, sondern eine ... Gruppierung von Veranstaltungen ist? Da ich das Anwendungsfach eh um 5 CP überziehe (s. u.), sind die CP aus Cyberlaw II nicht nötig.)
- Geschäftsprozesse- und Unternehmensmodellierung
Das beginnt damit, dass die meisten Module zweiteilig sind und auf SS und WS verteilt sind. Da habe ich also keine Chance, wenn ich in diesem Semester fertig werden will.
Zwei der einzelnen Vorlesungen aus WInf bringen nur 4 CP und reichen daher nicht aus (und werden überdies nur im Winter angeboten). Zwei der anderen Module würden im Übrigen zu viele CP bringen. Generell keine Katastrophe, aber ich habe da inhaltliche Bedenken.
Meine Wahl fällt daher auf das Modul:
- Unternehmensführung und Marketing
- Creating a Web Startup
Ich finde jedenfalls, dass man zurecht sagen kann, dass das Anwendungsfach suboptimal ist.
Ein paar Einzelbewertungen
Zu den BWL-Fächern ein paar kurze konkrete Anmerkungen, für all diejenigen, die noch bei der Auswahl ihrer Fächer sind:
- BWL I (Pfohl) ist thematisch recht umfangreich und deckt viele Themen, die es als einzelne Veranstaltungen noch gibt, bereits ab, etwa Finanzierung, Personalführung und Marketing. Zwar ist das sicher nicht der gleiche Detailgrad, aber spannender werden die Themen durch eine Reiteration auch nicht. Zu bedenken ist hier auch, dass man sicher nicht erwarten kann, in die gesamte Materie in einem 30-CP-Anwendungsfach vorzudringen. Die Notwendigkeit einer allgemeinen Behandlung in den Grundlagen der BWL I und einer späteren Vertiefung sei also dahingestellt. Die Klausur hat auch einen grenzbekloppten Schwierigkeitsgrad, weil viele zufällige Details gefragt werden. Zum Bestehen ist meines Erachtens kein Auswendiglernen der Seitenzahlen und des Folienlayouts notwendig, wie das oft behauptet wird, um eine Lernphase von mehreren Wochen zum Zwecke eines mäßigen Ergebnissen wird man allerdings nicht herum kommen. So oder so hoffe ich, dass diese Bugs durch die neue Einführungsveranstaltung behoben sind.
- BWL II war ziemlich rechenintensiv und für Informatiker über weite Strecken wegen simpler Algorithmik auch nicht übermäßig schwierig. Es geht in weiten Teilen der Vorlesung um Entscheidungsfindung bei gegebenen Zukunftsszenarien und Handlungsalternativen. Die Inhalte bleiben jedoch relativ abstrakt. Als ich die Vorlesung gehört habe, wurde sie inhaltlich stark gekürzt. Bei einem größeren Umfang wäre auch diese Prüfung vom Aufwand nicht unerheblich.
- Buchführung und Kosten- und Leistungsrechnung sind weder besonders spannend noch besonders schwierig. Mit Genug Übung (und Übungsmaterialien werden mehr als genügend zur Verfügung gestellt) sind beide Veranstaltungen leichte Beute. Letztere halte ich für interessanter, da sie mehr mit der Realität zu tun hat. Externe Buchführung ist überspitzt ausgedrückt eine Art Farce um den Gesetzgeber zu befriedigen, während KLR als interne Buchführung auf eine tatsächlich nützliche Bewertung von Input/Output befasst ist. Obwohl die Veranstaltungen nicht so spannend sind und sich die Frage stellen lässt, ob es sich dabei wirklich um ein akademisches Fach handelt, sind die Inhalte meines Erachtens extrem nützlich, um den Zweck bestimmter Vorgänge in der BWL zu verstehen bzw. leichter nachvollziehen zu können. In der Vorlesung setzt Prof. Quick abstruserweise darauf, dass Dinge, die von ihm diktiert werden, mitzuschreiben sind. Ich halte das in der Form für extrem blödsinnig und habe mich daher für sein eigenes inhaltsgleiches Buch "Doppelte Buchführung" entschieden. Das enthält witzigerweise auch noch Übungsaufgaben und Beispielklausuren. Damit kann man aber erstaunlich gut lernen und ich konnte mir problemlos nach einigen Wochen den Besuch der etwas trägen Vorlesung sparen. Ein paar Kontrollbesuche später im Semester haben mich in meiner Entscheidung bestätigt. Zusätzlich wird die Vorlesung aufgezeichnet, sodass man im Zweifel problemlos bei Schwierigkeiten zu den Videos greifen kann. Den gleichen Ansatz habe ich dann ein Semester später bei KLR verfolgt, jedoch mit deutlich weniger Erfolg: Das Buch Kostenrechnung (Horsch) ist eine absolute Zumutung und sieht nicht nur so aus, als hätte es meine Oma mit Word gesetzt, sondern beinhaltet auch keine nennenswerte Struktur, dafür aber mehrere ziemlich offensichtliche inhaltliche oder handwerkliche Fehler. Also Hände weg.
- Cyberlaw I wurde in meinem Fall von RA Dosch gehalten und nicht von Professor Schmid. Ich fand die Vorlesung nicht schlecht, jedoch behandelt sie eine Aneinanderreihung aktueller Themen und daher ist ein roter Faden nicht leicht zu erkennen. Den gibt es, es ist aber relativ lose: Er behandelt die juristische Vorgehensweise zur Bewertung verfassungsrechtlicher Fragen. Empfehlenswerter finde ich inhaltlich gerade für Informatiker jedoch die Softwarrerechts-Vorlesungen von Prof. Marly. Unnütz ist Cyberlaw I für die Verständnis des Rechts in der modernen Gesellschaft jedoch keinesfalls.
Wenn ihr ein Anwendungsfach studieren wollt, dass sich so stark mit einem anderen deckt, wie es bei IT-Management und Wirtschaft und Recht der Fall ist, ist es meines erachtens aus organisatorischen Gründen besser, sich für keins davon anzumelden. Grund ist die Regelung, dass nur ein Anwendungsfachwechsel zulässig ist. Meines Erachtens ist die Regelung reine Schikane und die Begründung, die Studenten müssten sich dann direkt am Anfang besser informieren, zieht nicht. Wenn sich das Studium schneller in seinem Aufbau ändert, als man es studieren kann, dann hilft eine Gründliche Auseinandersetzung mit den Inhalten von nächstem Jahr ohnehin nicht.
Der größte Witz an der Regelung ist nämlich, dass es problemlos möglich ist, erst die Veranstaltungen als freiwillige Zusatzleistungen zu hören, sich dann für ein Anwendungsfach zu entscheiden und sie alle anerkennen zu lassen. Wenn man sich aber erst anmeldet und dann wechselt, dann hat man seinen einzigen Wechsel verbraucht und steckt dann im zuletzt gewählten Fach fest. Sollte sich dann -- wieso auch immer -- ein weiterer Wechsel anbieten (etwa weil die Studienpläne wieder wechseln, irgendwelche Veranstaltungen kurzfristig nicht verfügbar sind etc.), dann ist er nicht zulässig.
Schon allein wegen diesem Designfehler im System plädiere ich daher auch für eine Abschaffung dieser Regel.